von Hans Trachsel
Letztes Jahr war es noch das Turnier der ZEIT, dieses Jahr SeHers Scrabble-Woche, doch die Finalpaarung blieb sich gleich: Theo Kardel gegen Regula Schilling. Sie lieferten sich ein packendes Duell voller Raffinessen, garniert mit ein paar Irrtümern und verpassten Chancen. Am Schluss hatte Theo die Nase mit 857:839 knapp vorne. Er ist damit nach Blanca Gröbli-Canonica, Claudia Aumüller und Ulla Trappe der vierte Mehrfachsieger dieses traditionsreichen Turniers.
Der Präsident von Scrabble e.V., Sebastian Herzog, hat das Turnier mit geradezu bewundernswerter Initiative vor dem Untergang bewahrt. Nach dem Ausstieg der Wochenzeitung ZEIT musste man annehmen, dass es kurz vor der zwanzigsten Auflage am Ende sei. Als Sebastian (SeHer) dann eingriff und den Neustart verkündete, meldeten sich genügend Wortkünstler an. In Fulda gingen dann 44 Spielerinnen und Spieler an den Start.
Die Hauptrunde ging über 24 Spiele, vier mehr als bisher. Den meisten Teilnehmern gefiel dies, ebenso wie das Weglassen der ominösen Nennung der Grundform bei Anfechtungen. Am besten lief es letztlich für dieselben erfahrenen Hasen wie 2018 in Gelsenkirchen: Theo und Regula. Nach einem nicht ganz gelungenen Start kam Theo immer besser in Fahrt; schliesslich erreichte er als Vierter mit einem Sieg im 24. Spiel das Halbfinale. Regula blieb praktisch über die ganze Dauer in Tuchfühlung mit der Spitze.
Ein grandioses Turnier spielten «MiguMüllers», also Claudia Aumüller und Jürgen Miguletz. Nach Abschluss der Hauptrunde lagen die beiden in Führung. Doch wie es schon häufig passierte an diesem Turnier: Im Halbfinale setzten sich dann die andern Halbfinalisten durch. Claudia scheiterte klar an Theo: Deutliche Niederlage im Hinspiel und knappe Niederlage im zweiten Spiel. Regula legte gegen Migu deutlich vor, doch musste sie schliesslich froh sein, dass er nicht ganz herankam: 824:819 ging es hier aus.
Das Finale bot zwei unterschiedliche Partien. Die erste entwickelte sich nach Theos tollem Start mit dem Bingo UHRZEIT zu einem Abnützungskampf, in welchem beide subtile Wortkunst boten. Theo schleppte für längere Zeit den einen Blanko mit, ehe er mit MONSUNE als zweitem Bingo zum Zug kam. Das Q blieb ihm aber auf den Fersen und zum Schluss kam’s in Abzug. Regulas Buchstaben gaben einfach keinen Bingo her, doch sie brachte das Kunststück fertig, die Partie mit elf Punkten Differenz zu gewinnen.
Feuerwerk dann in der zweiten Partie: Regula eröffnete mit MEIERTE, kurz darauf egalisierte Theo mit RANKERES, worauf Regula mit gewagtem EINAUGES wieder Punkte sammelte; das Publikum hatte dank Hilfe aus dem Netz schon gesehen, dass dieses Wort nicht erlaubt ist, doch Theo focht nicht an. Er konnte dann mit dem nächsten Bingo BERICHTE einen Vorsprung herausholen, den er nicht mehr preisgab. Regula fand etwas später die teure ULMERIN nicht, aber immerhin INTIMER, doch es reichte um ganze 18 Punkte nicht.
Insgesamt bot die Woche hohe Spielkunst und einen spannenden Verlauf. Dabei mischte auch Sebastian tüchtig mit, der wegen ungerader Zahl eingesprungen ist und zeitweise die Tabelle anführte. Am Ende der Hauptrunde belegte er Platz 5. Eine Riesenüberraschung lieferte Hans Trachsel, der die Finalrunde nur knapp verfehlte. Sebastian hätte dort nicht mitgemacht, wie er vor dem Turnier erklärt hatte. Falls Theo in seinem letzten Spiel gegen Friedrich verloren hätte, wäre Hans unverhofft in die Finalrunde geschlüpft.
Bei den höchsten Durchschnittspunktzahlen setzte sich Claudia an die Spitze mit 458, vor Regula und Theo mit 445 respektive 437. Regula erlitt zudem die Niederlage mit der höchsten Punktzahl von 483. Dietmar Schönhoff kam in diesem Spiel auf 551 Punkte. Es war das höchste von insgesamt 3 Tausenderspielen.
Die Orangerie der barocken Residenz aus dem 18. Jahrhundert, umgeben vom Schlossgarten mit Springbrunnen, bot einen prächtigen Rahmen für das gelungene Turnier. Sebastian ist nach dem vollauf geglückten Start geneigt, im kommenden Jahr fortzufahren. Die Teilnehmer freuen sich bereits jetzt darauf.