von Hans Trachsel und Friedrich Engelke
Sie kam, sah und siegte: Bei ihrer erstmaligen Teilnahme am 13. Scrabble-Turnier der ZEIT hat Ulla Trappe groß aufgespielt und gewonnen. Leicht war es nach ihren Worten nicht, die Konzentration und den Siegeswillen über eine ganze Woche zu bewahren, doch sie hat’s – wen wundert’s – geschafft. Im Finale erreichte sie gegen Jörg Diersen, Sieger 2010 und mehrfacher Finalist, bereits im Hinspiel einen Vorsprung von 70 Punkten. In der zweiten Partie konnte Jörg die beträchtliche Differenz zunächst aufholen. Mit zwei besonders gekonnten Zügen gegen Schluss gewann Ulla auch das 2. Spiel knapp.
Damit hat die 46-jährige Orchestermusikerin aus Augsburg in ihrer kurzen Karriere bereits sieben Titel gewonnen. Sie steht auf Rang 1 der Elo-Liste und hat alle Chancen dort noch eine ganze Weile zu bleiben. Im Finale von Magdeburg zeigte sie all ihre Qualitäten: Bingos unauffällig vorbereiten und zielstrebig realisieren. Es wurden insgesamt ihrer drei mit EINKEHRE, EINNAHMT und der verzwickteste war von der Position her wohl ANDERES. Jörg hatte mit nur einem (ERLERNST) in der 1. Partie das Nachsehen. Dass sie dank Lerneifer auch bezüglich Wortschatz Spitze und außerdem strategisch stark ist, hat Ulla oft genug bewiesen.
Jörg ließ sich nicht entmutigen und begann im zweiten Spiel gleich mit dem Bingo ZIGSTER, den wohl nicht alle gefunden hätten. Als ihm kurz danach mit GELUNGEN der zweite Volltreffer gelang, wurde es eng für die zweifache Deutsche Meisterin. Diese ließ sich nicht beirren, irritierte zunächst durch das nicht zwingende Einsetzen des Blankos beim Helvetismus KEIBS. Kurz danach opferte auch Jörg den Jokerstein mit JERUM. Das hätte er besser nicht getan: Ulla konterte über Dreifach mit PROST und OJERUM, was Jörg erst noch zu Unrecht anzweifelte. Dem ließ sie in der Schlussphase noch ein teures CABAN folgen. Jörg hatte es zuvor versäumt, diese Stelle mit YAWLEN zu belegen. Sein eigentliches Verhängnis war jedoch, dass er einen Dunkelroten nicht mit dem einfachen HÄ/HÄ/UH nutzte, sondern mit MÄHE unnötig und erst noch billiger ein kostbares E opferte. Seine allerliebste Manuela, die den besseren Zug erwartet hatte, erschrak nicht wenig.
Unser Präsident Sebastian Herzog hatte für das Finale »großen Denksport« vorausgesagt, der auch geboten wurde. Ulla machte praktisch alles richtig, Jörg vieles, aber es reichte nicht. Beide legten nur erlaubte Begriffe, keine Selbstverständlichkeit.
Es zeichneten sich im riesigen Maritim-Hotel in der Hauptstadt von Sachsen-Anhalt noch andere aus. Vorjahressiegerin Manuela Hilgenkamp erreichte wie ihr Jörg das Habfinale, wo sie gegen Ulla unterlag. Jörg dagegen setzte sich gegen Doris Methner durch. Sie war nicht unbedingt so weit oben erwartet worden, gehört aber seit Jahren zur weiteren Spitze und legte einen unbändigen Siegeswillen an den Tag.
Die beiden Spitzenspielerinnen Claudia Aumüller und Blanca Gröbli-Canonica waren lange dabei im Rennen um die Halbfinalplätze. Sie verpassten sie schließlich knapp. Bingo-Königin des Turniers wurde die überragende Ulla mit deren 37. Insgesamt kämpften 40 Scrabblebegeisterte um Titel und Ehre. Viele von ihnen erlebten eine Berg- und Talfahrt, keine(r) kam ungeschoren durch, auch Ulla nicht.
Söhne der Stadt
Der Spielort führt die Scrabbleschar ganz von selbst zu einem der großen Söhne der Stadt: Otto von Guericke (1602-1686), Naturwissenschafter, Politiker und Erfinder. Der Saal, in dem das Turnier abgewickelt wurde, ist nach ihm benannt. Er war als Wissenschafter seiner Zeit voraus und wird deshalb der Galilei Deutschlands genannt. Zu seinen Entdeckungen gehört die Vakuumtechnik. Stolz ist die Stadt zudem auf den großen Barockmusiker Georg Philipp Telemann (1681-1767).
Einer aber überragt sie alle: Otto I., der 962, also vor 1050 Jahren, in Rom vom Papst zum 1. Römischen Kaiser deutscher Nation gekrönt wurde. Dies stellte eine Art Rückbesinnung auf die Epoche der römischen Kaiser dar. Ein Dank an Wolfgang Lechner von der ZEIT, der sowohl eine informative Stadtführung wie auch den Besuch der Ausstellung über Otto I. organisierte. Die rege Teilnahme zeigte, dass das ZEIT-Turnier mit seinem nicht gar so gedrängten Programm Raum bietet für solche Veranstaltungen.
Hochinteressant auch dies: Ottos erste Frau Editha, die 946 erst 36-jährig starb, verlieh der sächsischen Dynastie als Tochter des englischen Königs Glanz und Gloria. Sie war in Magdeburg, der Lieblingspfalz Ottos, beliebt und darf nach Meinung von Kennern als »Lady Di des Mittelalters« gelten. Den Einheimischen gilt sie noch heute als Königin der Herzen. Und nun nochmals zum Präsidenten von Scrabble Deutschland e. V.: Wie Otto ist er am 1. November geboren, was in »Magdeburg«, wie die Einheimischen sagen, nicht ungefeiert bleiben durfte. Zwar fand das Turnier in einem erst gut zehn Jahre alten Hotel mit über 500 Zimmern statt. Der Atem der Geschichte ist aber auch an diesem Ort lebendig geblieben.