Zur 7. Deutschen Meisterschaft reisten 78 Scrabblerinnen und Scrabbler ins turniererprobte Düsseldorf. Zum 10. Mal wurde in der NRW-Landeshauptstadt turniermäßig gescrabbelt – und dies war auch der Anlass, dass es diesmal ein besonderes Turnier sein sollte; eben die Deutsche Meisterschaft. Der lokale Organisator hatte passenderweise bestes Wetter aus Spanien mitgebracht, so dass – wie von den anderen Düsseldorfer Turnieren gewohnt – auch die Außenanlagen sinnvoll genutzt werden konnten. Die Spiele fanden aber alle überdacht statt, und zwar im Hilton Hotel, das sich als sehr angenehmer Spielort erwies.
Nur die Schirmherrin ließ uns „im Regen stehen“, was aber aufgrund des Alternativtermins (Verleihung des Karlspreises an Papst Franziskus in Rom) wohl verständlich ist.
In Abwesenheit von Titelverteidigerin Ulla Trappe gab es einige Favoriten, war doch außer ihr fast die gesamte Top 10 der Rangliste vor Ort. Natürlich war die klare Nummer 1 dieser Liste Ben Berger der am höchsten gewettete, doch der noch ein paar Jahre jüngere Timon Boerner hatte auch durchaus schon bewiesen, dass mit ihm zu rechnen ist, auch wenn die Zahl seiner Turniere noch überschaubar ist.
Beide legten auch los wie die Feuerwehr, auch wenn Uschi Müller in Runde 5 zu Bens erstem Stolperstein wurde. Bevor sich Timon zum ersten Mal beugen musste (Claudia Mansfeldt bremste ihn in Runde 11 aus), hatte jeder andere (auch Ben) schon zwei Minuspunkte eingesammelt.
Weiter souverän zog der jüngste Spieler des Turniers seine Bahnen, während Ben dem „Peloton“ immerhin die Hoffnung ließ, ihn noch einfangen zu können. Nach 19 Runden war aber auch diese Hoffnung für die Verfolger Geschichte – das jüngste Finale der Geschichte stand vor dem 20. Spiel bereits fest.
Bis dahin hatten auch andere für das ein oder andere Highlight gesorgt. Das punktreichste Spiel aller Zeiten, verbunden mit der höchsten Punktzahl, die nicht zu Sieg reichte, wurde zwischen Jörg Papewalis und Nadja Dobesch ausgetragen. Das unglaubliche Endergebnis: 559:534.
Die meisten Punkte in einem Spiel erzielte jedoch Andrew Solomon mit 610mit Bingos: eINLESEN GEGNERS AgIERST FERSELNS EINSEHE gegen Eckhard Brekenkamp; da hatte sich die weite Anreise doch gelohnt. Daran hatte Andrew nach 6 Niederlagen in Folge vielleicht schon gezweifelt, aber erholte sich sehr gut von dieser Serie, die ihn von 6:2 auf 6:8 zurückwarf und holte anschließend 6 Siege in Folge.
Auch 608 (Johannes Hasch) und 607 (Timon) Punkte wurden erzielt, Ben verpasste die 600er-Marke ausgerechnet im Finale denkbar knapp (599).
Zwar kein Rekord im eigentlichen Sinn, aber spektakulär war auch das 444:444 zwischen Ingrid Nöth und Karl Brauer (okay, „die meisten Vieren im Ergebnis“ geht wohl auch als Rekord durch). Beim Thema Unentschieden glänzte auch Theo Kardel; in den Runden 5 und 6 gelangen ihm zwei unmittelbar hintereinander – sowas soll es zuletzt vor ein paar Jahren in der Schweiz gegeben haben.
Von drei angemeldeten Neulingen war leider nur einer tatsächlich am Start: Zwar ist Platz 73 für Johannes Naumann noch steigerungsfähig, aber immerhin 6 Siege und mindestens so viele knappe Niederlagen (mit weniger als 30 Differenz) geben Hoffnung, dass es auch in den Tabellen schnell bergauf gehen kann.
Das Finale der bereits hinreichend erwähnten Protagonisten war dann jedoch nicht von Alfred Hitchcock entwickelt. Auch wenn Timon und Ben im ersten Spielen jeweils dreimal alle Steine aufs Brett zaubern konnten, punktete Ben zwischen diesen Bänkchenräumern so viel mehr als sein Gegenüber, dass er 237 Punkte Vorsprung auf der Habenseite hatte. Ein Sieg für Timon war da schon unwahrscheinlicher als ein englischer Meistertitel für Leicester City …
Dementsprechend war das 2. Spiel auch eine „taktische Besonderheit“. Während Timon alles versuchte, um eine Minichance auf richtig große Punkte zu nutzen und grandiose fünf Scrabbles legen konnte, ging es für Ben vor allem darum, den ganz großen Wurf auf der Gegenseite zu verhindern, was ihm schließlich auch ohne Bingo gelang. 8:3 Scrabbles also in Summe für den Besten der Hauptrunde, aber die Punktemehrheit war eindeutig bei Ben.
Im Schlussklassement auf Rang 3 landete Regula Schilling, womit die Schweizerin eindeutig zeigt, dass eigentlich von der Meisterschaft im deutschsprachigen Scrabble gesprochen werden müsste – wenn das denn nicht so ein Wortungetüm wäre. Für sie war es ebenso die erste Top-10-Platzierung wie für Manuela Hilgenkamp auf Platz 4. Für den Schreiber dieser Zeilen scheint die DM ein gutes Pflaster zu sein, Platz 5 und zum fünften Mal Top 10.
Letzteres wird allerdings noch übertroffen von Claudia Aumüller, die nun zum sechsten Mal (und zum fünften Mal in Folge) auf einem einstelligen Platz landete.
Mal sehen, ob 2017 dann auch mal wieder ein Titelverteidiger am Start ist, nachdem dies im letzten und in diesem Jahr nicht der Fall war – ob an neuem Ort oder vielleicht erneut in Düsseldorf (mit einer neuen Chance für die Schirmherrin).