Die Scrabble-Gemeinde trauert um Wolfgang Herrmann

Von | 31. Oktober 2022

Im September starb Wolfgang Herrmann 89-jährig in Berlin. Man könnte nun anfügen „nach langer, schwerer Krankheit“. Das stimmt zwar, aber es zeigte nur eine Seite der Medaille. Denn wann immer Wolfgang gefragt wurde, wie es ihm ginge, lautete die fröhlich vorgetragene Antwort „Ganz gut.“

Frohsinn und Optimismus machten Wolfgang aus, aber auch Nachdenklichkeit und ein ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit und Toleranz. Die Lehren aus den Schrecken der Nazizeit ließen Wolfgang zu einem Philanthropen werden, er begegnete jedermann mit Respekt. Und: Israel und der freundschaftliche Austausch mit den Menschen dort waren ihm eine Herzensangelegenheit.

Nach einer Bäckerlehre, die Wolfgang absolvierte, um die Familie zu unterstützen, besuchte er die Abendschule und schlug schließlich eine Laufbahn bei der Polizei ein. Dort engagierte er sich u. a. gegen Rassismus und für den Frieden – „Nie wieder Krieg“, das war seine Prämisse.

Mit Wolfgang verliert die Szene ein Gründungsmitglied. Er nahm im Jahr 2000 beim ersten „ZEIT-Turnier“ am Wörthersee teil, spielte in der Berliner Scrabblegruppe und täglich mit seiner Frau Ingrid. Sein Ehrgeiz war überschaubar, Wolfgang hatte einfach Spaß am Scrabble. Während andere sich sträubten, spielte er mit Engelsgeduld an Dreiertischen mit Anfängern.

Wer je Gelegenheit hatte, Wolfgang zu beobachten, wenn er neben Ingrid saß, wird dieses liebevolle Funkeln in seinen Augen nicht vergessen. Sein Blick sprach Bände. Um es mal salopp zu formulieren: Wolfgang war auch nach 65 Ehejahren noch total verknallt in Ingrid.

Ihr gemeinsames Leben war gefüllt mit vielen Reisen, Gartenpflege, Rätseln, Lesen, Wandern und Russisch lernen. Und natürlich Musik. Vor allem Mahler lauschten sie beide gleich gern.

Wolfgang erzählte oft von seinen Spaziergängen mit Freunden durch Berlin und Brandenburg. Er konnte sich der Muße hingeben, strotzte aber auch vor fundiertem Geschichtswissen, das er gern teilte; sicherlich auch, um dem oben genannten Leitsatz Nachdruck zu verleihen.

Zudem war Wolfgang ein großartiger Gastgeber. Mit stets offenem Ohr, offenen Armen und offenem Herzen. Ein liebenswerter Mensch durch und durch.

Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt Ingrid und den drei Kindern.

Wolfgangs Andenken zu wahren, ist uns eine selbstverständliche Verpflichtung.

Claudia Aumüller, Jürgen Miguletz, Sebastian Herzog