von Hans Trachsel
Er war der Favorit und hat schlussendlich auch gewonnen: Ben Berger geriet dieses Jahr nur kurz aus dem Tritt und erreichte das Finale. Dort siegte er mit Buchstabenglück und souveränem Spiel deutlich gegen Claudia Aumüller.
Der Kampf um den zweiten Finalplatz der Deutschen Meisterschaft im Scrabble (DM) war spannend wie ein guter Krimi. Die besten Karten vor dem entscheidenden 20. Spiel der Hauptrunde hatten Ben Berger und die letztjährige Meisterin Uschi Müller. Ben gewann dieses wichtige Spiel sicher und erreichte das Endspiel, während Uschi Müller in der Schlussphase ihrer Partie gegen Richard Hoppe noch um 3 Punkte ins Hintertreffen geriet. Ein Sieg hätte sie auch nicht mehr ins Endspiel gebracht, denn Ben hat die klar bessere Bilanz bei den Differenzpunkten.
Claudia Aumüller dagegen kannte solche Sorgen vor dem 20. Spiel nicht mehr: Sie hatte die Qualifikation bereits vorher auf sicher. Dennoch gewann sie und zog mit 16 Siegen bei nur 4 Niederlagen sowie der höchsten Punktzahl und der besten Differenz ins Finale ein.
Vielversprechend
Diese Konstellation hatte es in sich: Hier die Frau der ersten Stunde des Turnierscrabbles, die seit 2002 regelmäßig Turniere gewinnt, „frische 50“, wie sie zu ihrem Alter sagt, überlegt und ruhig zu Werke gehend und ihr gegenüber der jüngste Teilnehmer der DM, der 28-jährige Rechtsreferendar Ben Berger aus Heidelberg. Aufgrund der jüngsten Ergebnisse und seiner Stellung als Nummer 1 der Elo-Liste war Ben Favorit. Doch würde er seine zweite Chance auf den Meistertitel nun wirklich packen?
Er tat es, wobei ihm das Buchstabenglück im Übermaß beistand. Kurz nach Beginn des Finales demonstrierte er seine Klasse, als er sich nicht mit dem allgemein erwarteten Bingo KLEIDETE begnügte, sondern das höher dotierte DUKTILES auf dreifach legte. Als zweites Bingo fiel ihm VERDECKS gewissermassen in den Schoß und auch BEWIRKEN war nicht wirklich schwierig. Claudia mühte sich mit unmöglichen Bänkchen ab, übersah zu allem Unglück noch den Bingo VERLIESE und verlor schließlich mit einer Differenz von 233 Punkten.
Das zweite Spiel lief besser für die große Könnerin. Mit AUSRUHEN signalisierte sie, dass ihr Gegner sich nicht auf den Lorbeeren würde ausruhen können, doch der mochte sich nicht ducken, auch wenn er DUCKENDE als überzeugende Antwort legte und gleich darauf ERSÄHE auf dreifach. Mit SUMACHEN gab er dann noch eine schöne Probe seines Wortschatzes; Claudia blieb ihm in dieser Hinsicht nichts schuldig und zauberte aus einer auf den ersten Blick miserablen Bank die UNIONEN heraus. Es war ein hochstehendes, doch leider etwas einseitiges Finale.
Viel schwieriger hatte es Ben zuvor in der Hauptrunde. Als er am Freitagabend drei Niederlagen gegen Sebastian Herzog, Liesbeth Schön und Ingrid Nöth eingefangen hatte, sah er nach eigenen Angaben das Finale entschwinden. Doch so richtig aus dem Tritt bringen ließ er sich im Gegensatz zum Vorjahr nicht und nahm am Sonntagmorgen die Chance aufs Endspiel resolut wahr. Ben ist der erste Mann, der den stolzen Titel tragen darf; in den ersten vier Austragungen haben Ulla Trappe (2010 und 2012), Maria Feige (2011) und Uschi Müller (2013) gewonnen. Ben ist mit seiner lockeren Art und spektakulären Spielweise ein idealer Botschafter des anspruchsvollen Wortspiels und stellt unter Beweis, dass Spaß nicht notwendig mit lauter Action einher gehen muss. Er hat auch schon einige junge Leute für das Spiel begeistern können.
Im Interview mit der Lippischen Landes-Zeitung, die das Turnier gut begleitete, gab’s dann was zum Schmunzeln: Als Claudia versicherte, dass sie nicht mit dem Duden ins Bett gehe, warf Ben augenzwinkernd ein: „Ich schon“, und spielte damit auf seinen legendären Trainingsfleiß an, der bei ihm nichts Verbissenes an sich hat. Und verriet zudem, dass er eine Partie mit dem BERGFEX noch zu seinen Gunsten wenden konnte. Möglicherweise hat der Kraxler ja dafür gesorgt, dass er ins Finale gelangen und Meister werden konnte.
Bis zuletzt mit dem Finale liebäugeln durfte auch Maria Feige, die nach 20 Spielen nur einen halben Punkt hinter Ben zurücklag. Die lippische Residenzstadt Detmold hat sich als Austragungsort bewährt; Susanne Gottschalk und Britta Sander leisteten als Hauptorganisatorinnen sehr gute Arbeit. Die Stadthalle im Schlosspark erwies sich als Spielort mit Atmosphäre, wozu auch die geschichtsträchtige Umgebung mit dem Teutoburger Wald beitrug. Und somit wird der frischgebackene Meister seinen Titel im 2015 wohl am gleichen Ort zu verteidigen versuchen, wie Präsident Sebastian Herzog versicherte. 64 Wortakrobatinnen und –akrobaten nahmen an der diesjährigen Austragung teil.