von Hans Trachsel
Den Ritterschlag hat sie schon, die Wienerin Liesbeth Schön. Sie gewann 2013 das erste Turnier der Champions. Dort dürfen nur die 24 Besten der Scrabblezunft überhaupt antreten. Seither blieb sie sieglos, holte aber doch mehrere Spitzenplätze. Am diesjährigen Turnier um das Münchner Fabelwesen Wolpertinger spielte sie nun gross auf und setzte sich an die Spitze.
In 14 Partien schaffte die seit kurzem pensionierte Gymnasiallehrerin 11 Siege. Die Niederlage im letzten Spiel gegen die Ausrichterin und Mitfavoritin Nadja Dobesch blieb ohne Folgen. Nur Michael Merx, Bruder des Deutschen Meisters von 2017, Stefan Merx, konnte zuvor gegen sie gewinnen wie auch in Runde elf noch Inessa Hellwig-Fabian. Diese beweist immer häufiger, dass ihr Sieg am Hamburger Fairmasters kein Zufallsprodukt war.
Der 38jährige Freiburger Physiker Daniel Mutter hätte Liesbeth allerdings den Sieg noch streitig machen können. Als Einziger kam er ebenfalls auf elf Gewinnpartien. Wenn er im letzten Spiel gegen Mitausrichterin Ulrike Brodkorb gewonnen hätte, wäre das Fabelwesen durch ihn erlegt worden – er verlor knapp mit 15 Punkten Differenz. So aber wird das drollige Viech für mindestens ein Jahr nach Wien entführt.
Auf Platz drei etablierte sich der 39jährige Kommunikationsdesigner Khan Nguyen. Der stets freundliche Khan hat sich in kürzester Zeit zu einem Spitzenspieler entwickelt, der noch viel erreichen kann.
Unmittelbar hinter den Medaillenrängen folgt Michael Merx. Das Coaching von Bruder Stefan trägt zunehmend Früchte. Stefan selber landete diesmal auf dem für ihn ungewohnten Rang 27. Die weiteren Top Ten-Plätze belegen Claudia Mansfeldt, Johann-Georg Dengel, Nadja, Beate de Nijs und Inessa; nicht alle hatte man so weit vorne erwartet.
Wo ist Ben?
Der dreifache Wolpertinger-Sieger (2015-17) Ben Berger schaffte es als Zehnter gerade noch in die erweiterte Spitze. Zeitweise rieb man sich die Augen: Wo ist er denn, der Ben? Nach vier Runden hatte der Spieler mit den meisten Turniersiegen gerade mal anderthalb Siegpunkte im Trockenen. Er begann mit einem Unentschieden gegen Gabriele Seifert, verlor in Runde drei gegen Khan, und bereits im nächsten Spiel wies ihn Inessa in die Schranken. Weil er auch gegen Johannes Naumann, Tine Höfler und Ulrike verlor, reichte es für einmal «nur» zu Rang zehn. Ben gab sich gelassen, wies auf die bis jetzt sehr erfolgreiche Saison hin und wird dank seines herausragenden Könnens wohl weiterhin der Homme à battre bleiben.
Das Turnier war aussergewöhnlich gut besetzt. Viele Topkönnerinnen und -könner landeten auf hinteren Plätzen. Man hatte zeitweise den Eindruck, dass jeder jeden schlagen könnte. Diese Ungewissheit wird sich belebend auf das Turniergeschehen auswirken, manche wittern nun die Chance auf den grossen Wurf, wie er ja im Frühling bereits Inessa gelungen ist. Das Wolpertinger in der Jugendherberge bot die ideale Plattform für ein turbulent verlaufenes Turnier. Nadja sorgte mit humorvollen Kommentaren zwischen den Spielen für eine stets lockere Atmosphäre.