»Veni, vidi, vici …« – Blanca siegt beim 5. Syker Scrabble-Herbst

Von | 22. Oktober 2012

von Friedrich Engelke

Ob der passionierte Schachspieler Peer Steinbrück scrabbelt, ist nicht bekannt*. Das mit der Schweiz sollte er sich jedenfalls gründlich überlegen: Weder die Peitsche zu benutzen, noch Kavallerie ausreiten zu lassen (Zitat: »… dann kommt da richtig Zug in den Kamin …«), ist hilfreich. Die Schweiz kennt bessere »Waffen«. Zwei ihrer Frauen – meines Wissens reiten beide nicht – kommen nach Syke und besiegen die in erdrückender Überzahl angetretenen Deutschen.

Blanca kehrt als überlegene Siegerin mit beeindruckender Bilanz (11:3 Siege und 1156 Differenzpunkte) zurück, begleitet von der Zweiten. Regula kommt ihr mit 10:4 und 650 Punkten nah. Auf dem Siegertreppchen landet zudem Vektor (10:4 und 431 P.) als Dritter und bester Deutscher im Teilnehmerfeld des 5. Syker Scrabble-Herbst.

So weit eine nüchterne Bilanz.

Doch hat Syke und dieses Turnier mehr als eine Eilmeldung verdient.

Beginnen wir also früher: „Syke“ (alte Schreibweise „Siek“ = „Ort in der Niederung“) ist abgeleitet von Senke (Bodensenke, Sieke). Der Name wird von Einheimischen mit langem „ie“ ausgesprochen und nicht wie „Süke“, denn Süke bedeutet im Plattdeutschen Krankheit oder Seuche. Das hat sich so mancher Teilnehmer wohl auch gedacht, wenn er sein eigenes Buchstabenpech verfolgte. Liegt es vielleicht an unserer Denkweise, ungünstigere Kombinationen stärker zu erinnern als die guten?

Das Wappen der Stadt, eine aufrecht stehende schwarze Bärenklaue mit roten Krallen auf goldenem Grund, zeigt die unerwartet enge Verwandtschaft zur Schweiz, genauer zu Bern. Die älteste Beschreibung des Berner Wappens liefert das Guglerlied (ca. 1375); dort heißt es in der Anfangsstrophe:

Berner waffen ist so schnell
mit drin gevarwten strichen;
der ein ist rot, der mittel gel,
darin stat unverblichen
ein ber gar swarz gemalet wol,
rot sind ihn die clawen;
er ist swerzer denn ein kol,
bris er bejagen sol.

Wir hätten also gewarnt sein können. Doch hier oben hört man eher »Plattdüütsch op de Deel« und zu redegewandten Auswärtigen sagt man abwertend: »He snack an‹n Book«!

Die aufgehübschte Innenstadt ziert zudem eine ganze Bärengruppe (vor einer Bank!) – hat die Schweiz schon Vorboten gesandt?

Bisher hat Syke durch Fremde vornehmlich Schlimmes erlebt: Im Dreißigjährigen Krieg brandschatzt Tilly 1628 die Stadt; kaum wieder aufgebaut, verwüsten es die Dänen. Davon gerade erholt, schlägt die Katholische Liga erneut zu und zerstört den Ort binnen knapp 10 Jahren ein drittes Mal.

Unter Napoleon französisch, werden die Syker Bauernsöhne für die Grande Armée rekrutiert und kommen in Russland um; derweil brennen einquartierte französische Soldaten die gesamte Innenstadt nieder.

Dann die Neuzeit und mit ihr Wohlstand: Die Eisenbahnstrecke Osnabrück – Bremen beschert einen großzügigen Bahnhof; jetzt willkommene Stätte für den Syker Scrabble Herbst. Während draußen Schnellzüge ohne Halt Syke passieren und Automaten Schalter ersetzt haben, stellt sich eine beschauliche Ruhe im Saal ein; idealer Austragungsort dieses bestens organisierten Turniers.

Heinz-Jürgen in gewohnt ruhiger, humorvoller Art, unterstützt von Susanne, leitet den Wettbewerb so behutsam wie ein guter Dorfschullehrer seine Kinderschar. Er macht die gesamte Auswertung und spielt gut dazu. Er gewinnt gegen Blanca. Das gelingt nur noch Jens – na ja, und Regula, die eigene Landsmännin. Sonst ist kein Kraut gegen sie gewachsen. Der Schreiber dieser Zeilen erlebt sein »Syker Waterloo« mit der höchsten Niederlage: 550:262 fegt sie ihn geradezu vom Brett! Doch ihre Haltung erinnert an Thomas von Aquin: Bleib im Glück demütig und im Unglück stark und ungebeugt. Botschaft für eine Vielzahl unter uns Scrabblern.

Gibt es nun gar kein Mittel mehr? Müssen wir, statt nach der Kavallerie zu rufen, vielleicht Ulla oder Claudia einfliegen lassen? Eine Hoffnung bliebe …

»I schi as« ist nicht der verkürzte plattdeutsche Ausdruck für »Ich bin ein großer Könner im Schifahren«, es ist ein Nerv, der eigentlich gar keiner ist; aber höllisch weh tun kann. Davon weiß Blanca ein Lied zu singen. Nur mit einer Depotspritze fit gemacht, übersteht sie die Anreise und das Turnier. Doping im Scrabblesport?

Was würde Peer Steinbrück dazu sagen? Nun, erst denken, dann sich äußern, wäre gut. Er sei daran erinnert, dass die zitierte amerikanische Kavallerie an Little Bighorn vernichtend geschlagen wurde. Ach so – ich vergaß zu erwähnen, dass Syke an der Biegung des Flüsschens Hache liegt.

(*Anmerkung von Vektor: Hier irrt Friedrich, denn dass der Kanzlerkandidat daheim mit seiner Frau regelmäßig scrabbelt, ist sehr wohl bekannt.)