17. ZEIT-Turnier: FRIEDRICH FÜHLTE SICH WOHL BEIM ALTEN FRITZ

Von | 7. November 2016

Von Hans Trachsel

Für Monika Weber war klar, weshalb in Rheinsberg nördlich von Berlin nur ein Friedrich gewinnen konnte: „Der alte Fritz begegnet einem hier auf Schritt und Tritt, sei es im Schlosspark oder im Städtchen, da auch mal als Restaurant zum Jungen Fritz“. Mit funkelndem Witz führte Monika auch dieses Jahr durch den Abschlussabend des von 48 Scrabblerinnen und Scrabblern bestrittenen ZEIT-Turniers.

Ganz so einfach war es natürlich nicht für den 73-jährigen Friedrich Engelke aus dem Schwarzwald. Freilich hatte er zum Favoritenkreis gehört, doch 2011 war er in den Halbfinals gescheitert. Dieses Jahr konnte er gegen die Schweizerin Regula Schilling gewinnen, vor allem dank eines von Glück begünstigten Hinspiels, in welchem er eine grosse Differenz schaffte.

Bereits zum 2. Mal in Finale des ZEIT-Turniers stand Nadja Dobesch, die Siegerin von 2014. Sie hatte im Halbfinal die überraschend stark aufspielende Agnes Ehrlich aus Augsburg bezwungen. Doch weil nun offenbar Friedrich der Grosse vom Sockel stieg und seinen Namensvetter unterstützte, wurde nichts aus dem zweiten Triumph an diesem Turnier mit seiner eigenen Aura.

Im ersten, von Vorsicht geprägten Finalspiel ging es ausgeglichen zu und her. Nadja konterte den Bingo LEDIGEN spektakulär mit MESCALIN, und auch der ausgefuchste Professor mit Hauptrichtung Physik wusste nicht, dass es nur mit K gültig wäre. Kurz danach legte Nadja mit MOSERTEN nach, und es dauerte eine Weile, ehe Friedrich mit ZUDREHEN wieder herankam. Das Spiel ging mit 410:392 zugunsten Friedrichs aus, die Spannung blieb gewahrt.

Im Rückspiel eröffnete Friedrich den Bingoreigen mit NEUSTES, Nadja verblüffte mit TERMINI, doch ihr Gegner konnte gleich wieder vorpreschen mit dem STEIGER. Die Wende schaffte der Hochschullehrer dann mit ERRANGEN und TUNKEND, während sich Nadja mit schwierigen Buchstaben abmühte. Friedrich hatte alle vier Joker in diesen zwei Spielen, was zeigt, wie bravourös, aber letztlich aussichtslos, Nadja kämpfte.

Friedrich ist erst der vierte Mann nach Bernd Dieter Köhler, Claudio Maniglio und Jörg Diersen, der dieses Turnier für sich entscheiden konnte. Vor Jahresfrist scheiterte Ben Berger an Claudia Aumüller im Finale. Auch das war für Monika schicksalhaft gewesen: In MAGDeburg musste eine Frau gewinnen.

Wie die beiden Finalisten hatten im Hauptturnier auch Regula Schilling und Agnes Ehrlich 15 von 20 Spielen gewonnen. Noch eine 5. Teilnehmerin schaffte dies: Annelise Grabbe, die älteste Mitspielerin. Doch weil sie deutlich weniger Punkte herausgeholt hatte, verpasste die frühere ZEIT-Siegerin das Halbfinale. Auf Platz 6 klassierte sich Jürgen Miguletz wieder einmal vor seiner Frau Claudia A.: Keine Spur mehr von Krise bei „Migu“.

Ebenfalls einen Platz in den ersten zehn eroberte Blanca Gröbli-Canonica. Ihr Kabinettstück: Sie erreichte mit einem Punkteschnitt von 443 am meisten Punkte von allen, doch 12 Siege reichten nicht fürs Halbfinale. Das Spiel gegen Rolf Yadig verlor sie um einen Punkt.

Gespannt ist man am ZEIT-Turnier stets auf das Abschneiden der Neulinge: Kündigen sich da neue Talente an wie schon so oft? Das scheint auch dieses Jahr der Fall zu sein: Astrid Hurt-Rosengarten kam auf Platz 19. Sie beeindruckte mit etlichen Überraschungssiegen; in der entsprechenden Statistik taucht ihr Name in den ersten Zehn gleich dreimal auf.

Kein Sieg, aber …

Bemerkenswert: Ulrich Reitz gewann kein Spiel und landete am Schluss der Rangliste. Doch er blieb gefasst und kämpfte unverdrossen. Und so gelang ihm das extra prämierte schönste Wort des Turniers: PLUMEAUS!! Topspieler waren sich einig: Kaum einer hätte diesen Bingo gefunden. Die Neuen, zu denen Ulrich gehört, ließen sich als Einlage zum Schlussabend etwas ganz Besonderes einfallen. Sie stellten die alten Hasen auf die Probe, mit einem Wort, das es (noch) nicht gibt: BINGOSE als spezielle Scrabblerkrankheit In ein paar Jahren werde es aber bei einigen so weit sein und auch im Duden stehen, prognostizierten sie.

Weil Werner Scholze-Stubenrecht, der langjährige Chefredaktor des Duden, mittlerweile pensioniert ist und daher sein zur geschätzten Tradition gewordener Vortrag entfiel, wurde kurzerhand ein Simultan-Turnier auf die Beine gestellt: Siegerin – wer denn sonst – Annelise Grabbe, die Nestorin. Sie scheint über unerschöpfliche Energien zu verfügen, ein Bravo auch ihr. Noch eine Neuerung:  Wolfgang Lechner von der ZEIT las aus eigenen Werken: Da gab’s neben Einblicken in die Küche eines Erstklasshotels auch pikante erotische Schilderungen.

Alles in allem eine abwechslungsreiche Woche; nicht entgehen ließen sich die meisten einen Besuch im Tucholsky-Museum in den Räumen des Schlosses. „Tucho“ wurde seinerzeit berühmt durch seinen Roman „Verliebt in Rheinsberg“, basierend auf eigenem Erleben. Tucholsky war ein begnadeter Satiriker und unerschrockener Warner vor der Kriegstreiberei der Nazis. 1935 nahm er sich, mit nur 45, als „aufgehörter Dichter“ (seine Formulierung) das Leben.